Die Holzdorf Alben

Eine Rückblende.

Die Fotoalben des Kinderheimes Holzdorf.

Vernissage: 6. Juni 2021 – 13:00 Uhr
Austellungsdauer: vom 6. Juni 2021 bis 31. Dezember 2021

https://vimeo.com/557305002

Als ich nach langer Zeit den Hof des Landguts Holzdorf betrat, erinnerte ich mich sofort an die unmittelbare Vergangenheit des Areals. Zu DDR-Zeiten beherbergte es das Kinderheim „Erich Weinert“, in dem Kinder aus milieugeschädigten Familien und Waisen zur Schule gingen und vor Ort lebten. Jenes Schulkombinat mit angeschlossener Polytechnischer Oberschule galt als pädagogisch-ideologisches Vorzeigeobjekt. Vor allem bezüglich des ehemaligen Besitzers Dr. Otto Krebs fand hier die Losung „Herrentand in Volkes Hand“ ihre Umsetzung. Im Jahre 1978 sollte eine übergroße Porträtzeichnung des sowjetischen Pädagogen-Vorbilds Anton Semjonowitsch Makarenko fotografiert werden. Sie war fest an einer hohen Wand in einem der Häuser angebracht
Heute wird jene Zeit in der Chronik des Landguts Holzdorf zwar erwähnt, aber fast niemand weiß, was sich in diesem Abschnitt von knapp dreißig Jahren ereignet hat Während der Recherche stieß ich auf sechs Fotoalben der Jahre 1967 bis 1984. Erstaunlicherweise wussten selbst ehemalige Mitarbeiterinnen des Kinderheims nichts von der Existenz dieser Alben.
Offenbar wurden sie vor ausgesuchtem Publikum präsentiert und waren zur Archivierung gedacht. Liebevoll im gängigen Wandzeitungslayout gestaltet sagt dieses Material viel über die Situation im Kinderheim aus und steht exemplarisch für die damalige Erziehungspolitik der DDR. Fast jede Bildungs- und Produktionseinrichtung war mit ähnlichem Material bestückt. Vom „Gruppenbuch“ in den Schulen bis hin zum „Brigadetagebuch“ in den Betrieben. Wie so vieles wirken jene Alben heute merkwürdig aus der Zeit gefallen – die austauschbaren Propagandaparolen tun ihr übriges. Denkt man sich aberjene beim Anschauen weg, wird auch ein berührender Stolz über eigene erreichte Entwicklungen und Leistungen hinter der Fassade der Politphrasen spürbar.
Alle Alben wurden als klassische Diashow entwickelt. Ich kann nicht sagen, ob damit die Informationslücke eines Zeitabschnittes von dreißig Jahren geschlossen ist. Vor allem für ehemalige Schülerinnen dieses Heimes, deren Erinnerung an Holzdorf vielleicht gar nicht immer so rosig ausgefallen sein mag.

Weimar, im März 2021 – Claus Bach